Wissenswertes rund um die EU-Kennzeichnungspflicht für Reifen
Anfang Juni ist es soweit: Die ersten Reifen mit dem neuen EU-Reifenlabel laufen in allen 27 Ländern der EU vom Band. Für den Handel gilt die Kennzeichnungspflicht ab dem 1. November 2012. Optisch wird das Label den meisten Autofahrern bekannt vorkommen: Es sieht aus wie die Energielabel, die seit Jahren auf Kühlschränken oder Waschmaschinen zu finden sind. Ein Reifen ist aber keine Waschmaschine und das Label kann nur begrenzt zur Kaufentscheidung beitragen. Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) informiert die Autofahrer, was das Reifenlabel ist und wie weit es beim Reifenkauf unterstützt.
Das Reifenlabel – eine gute Basis für die Kaufentscheidung? Rollwiderstand (Kraftstoffverbrauch), Nasshaftung (Bremsweg auf nasser Straße) und externes Rollgeräusch (Lautstärke) – das sind die drei Kriterien, über die das Reifenlabel informiert. Die Qualität eines Reifens wird jedoch auch von zahlreichen weiteren Kriterien bestimmt, darunter Fahrstabilität, Seitenführung in Kurven, Aquaplaningeigenschaften, Trockenhaftung, Lebensdauer und bei Winterreifen auch der Grip auf Schnee und Eis. Diese Kriterien bewerten Fachmagazine, Automobilclubs und Prüforganisationen in regelmäßigen Reifentests.
„Sicherheit ist das A und O beim Reifenkauf. Schließlich sind die Reifen das einzige, was das Fahrzeug mit der Straße verbindet – die Auflagefläche jedes Reifens ist gerade einmal so groß wie eine Postkarte. Deshalb gilt: Besser den Reifen mit dem kürzeren Bremsweg wählen und Kraftstoff durch vorausschauendes Fahren, regelmäßige Luftdruckprüfungen und frühes Hochschalten einsparen“, empfiehlt DVR-Präsident Dr. Walter Eichendorf.
Beim Winterreifenkauf spielt beispielsweise der Bremsweg auf schneebedeckter Fahrbahn eine wesentliche Rolle. Hier zeigt sich: Das Reifenlabel gibt einen ersten Überblick über wichtige Basis-Eigenschaften des Reifens, deckt aber nicht das gesamte Spektrum ab und ersetzt damit weder Reifentests noch die Beratung durch den Fachmann.
Gibt es den perfekten Reifen?
Geht man von Kühlschränken oder Waschmaschinen aus, erwartet man als Verbraucher durch und durch perfekte Werte. Schließlich sind heutzutage selbst die preiswerteren Kühlschränke mit A oder sogar A+ ausgezeichnet. Beim Reifen verhält es sich anders: Die Reifentechnologie ist deutlich komplexer als man annimmt. Denn Reifen, die besonders kraftstoffeffizient sind, weisen auf nasser Fahrbahn in der Regel einen schlechteren Bremsweg auf als solche, die einen höheren Rollwiderstand haben. Dieser Konflikt beschäftigt die Hersteller von Qualitätsreifen bereits seit Jahren, mit dem Ziel, bei beiden Kriterien ein möglichst hohes Niveau zu erreichen.
Die Bewertungskriterien des Reifenlabels im Überblick:
Rollwiderstand: Der Rollwiderstand ist nichts anderes als die Kraft, die aufgebracht werden muss, um den Reifen am Laufen zu halten. Am Rollwiderstand kann die Energieeffizienz eines Reifens festgemacht werden, denn je höher der Rollwiderstand ist, desto mehr Kraft muss aufgewendet werden, um voranzukommen. Kurz gesprochen: je höher der Rollwiderstand, desto höher der Kraftstoffverbrauch.
Dargestellt wird der Rollwiderstand auf dem Label durch einen Reifen mit einer Zapfsäule. Zwischen den einzelnen Energieeffizienzklassen liegt ein zusätzlicher durchschnittlicher Kraftstoffverbrauch von etwa einem Liter auf 1.000 Kilometer Strecke, das entspricht etwa der Distanz von Flensburg nach Salzburg. Ein Reifen der Klasse C verbraucht also auf 1.000 Kilometern durchschnittlich einen Liter mehr Kraftstoff als ein Reifen der Klasse B, das entspricht zur Zeit etwa 1,70 Euro Kraftstoffkosten.
Nasshaftung: Fährt ein Wagen mit Tempo 80 auf ein Stauende zu, kann die Wahl des Reifens über den Ausgang der Situation entscheiden: rechtzeitiger Stopp des Wagens oder Unfall. Die Nasshaftung bewertet den Grip des Reifens und damit des gesamten Autos auf nasser Fahrbahn. Einfacher gesagt: Je besser die Nasshaftung, desto kürzer der Bremsweg auf nasser Fahrbahn. Damit steigt die Sicherheit von Fahrer, Beifahrer und allen anderen Verkehrsteilnehmern. Dargestellt wird die Nasshaftung auf dem Label durch einen Reifen und eine Regenwolke.
Zwischen den einzelnen Klassen liegt ein zusätzlicher Bremsweg von drei bis sechs Metern auf nasser Straße bei einer Geschwindigkeit von 80 Kilometern pro Stunde. Das bedeutet, dass ein Reifen der Klasse C auf einer durchschnittlich griffigen Straße vier Meter später zum Stehen kommt als einer der Klasse B – immerhin eine gute Wagenlänge. Das heißt, während das eine Fahrzeug den Unfall knapp verhindert, prallt das andere mit 25 bis 30 km/h auf den Vordermann.
Externes Rollgeräusch: Das Rollgeräusch gibt Aufschluss über den Geräuschpegel des Reifens in Dezibel. Dabei bedeutet jeder zusätzliche schwarze Streifen im Piktogramm einer Erhöhung des Rollgeräuschs. Übrigens: Das außen wahrnehmbare Geräusch ist nicht gleichbedeutend mit der Geräuschbelastung im Fahrzeuginneren.